32. SONNTAG im Jahreskreis
1.Lesung aus dem 1. Buch der Könige (17,10-16)
Evangelium nach Markus (12,41-44)
Sie können sich vielleicht noch erinnern: Im Evangelium vom letzten Sonntag hat Jesus den Kern unseres Christseins zusammengefasst mit den Worten: „Gott lieben mit meinem ganzen Wesen und meinen Mitmenschen wie mich selbst.“ Ob mein Leben gelingt oder nicht, hängt davon ab.
Diese Liebe muss echt sein, aus dem Herzen kommen. Oft wird diese so genannte „Nächstenliebe“ zu einer Show gemacht. Denken wir an die großen Spendenaktionen: Im Fernsehen überreichen große Firmen einen großgedruckten Scheck – für einen guten Zweck. Die Summe ist zwar, im Vergleich zu ihrem Besitz, bescheiden, aber sie stehen gut da und machen so Werbung für sich selbst.
Jesus kritisiert ungewohnt scharf Menschen, denen es nur darum geht, selbst im Rampenlicht zu stehen, groß und wichtig zu scheinen in den Augen von anderen, indem sie sich „sozial“ zeigen, scheinbar Nächstenliebe üben. Gerade Menschen wie die frommen Pharisäer, die sich einen religiösen Anschein geben. In Wirklichkeit ist es mit ihrem Gottvertrauen nicht weit her. Sie verlassen sich lieber auf sich selbst und ihr Vermögen als auf Gott.
Deswegen verweist Jesus auf eine arme Frau, die sich im Tempel zu Jerusalem befindet und dort spendet. Der Betrag ist lächerlich klein. Aber diese Frau schenkt, was sie hat. Sie muss mit dem Existenzminimum auskommen, aber sogar das teilt sie mit anderen. Genauso ist es mit dieser Frau in der ersten Lesung, dieser Witwe von Sarepta, die das letzte bisschen Essen, das sie für sich und ihrem Sohn noch hat, mit dem Propheten teilt. Zwei Frauen, die am Rande des Existenzminimums leben. Beide geben, beide teilen. Sie üben Nächstenliebe, weil sie ein großes Gottvertrauen haben. Sie helfen ganz direkt, sie teilen, was sie haben - sie tun es freiwillig, im Vertrauen, dass das jetzt das Richtige ist.
Etwas von seinem Überfluss hergeben ist nichts Besonderes. Die innere Größe fängt dort an, wo ich etwas schenke, das mir selbst nützlich oder gar notwendig wäre. Und das betrifft nicht nur mein Besitz, sondern auch meine Kraft, meine Zeit, meine Fähigkeiten, mein Leben. Die beiden Frauen können das, weil sie sich mit ihrem Schicksal in die Hände Gottes geben. Je tiefer wir mit Gott verbunden sind, umso weiter wird unser Herz. Dann werden und sind wir bereit, von dem, was wir besitzen, auch großzügig einen Teil zu verschenken an Menschen in Not.
Jesus fordert hier nicht platt zum Nachahmen dieser Witwe auf. Ein Franz von Assisi hat es wortwörtlich und radikal gemacht. Aber das wird nicht von jedem einzelnen Christ erwartet. Es geht um die innere Einstellung des Gottvertrauens, die jede/r Christ/in haben soll und die zu der Fähigkeit und der Bereitschaft echter Nächstenliebe führt. Geben im Vertrauen darauf, dass wir deswegen nicht zu Grunde gehen. Menschen, die es gerade brauchen, von meinem Besitz, meinem Interesse und meiner Aufmerksamkeit, meiner Zeit zu schenken - und das ohne Angst zu haben, selbst zu kurz zukommen.
Weil ich Gott liebe, von ganzem Herzen, werde ich auch die Mitmenschen lieben, mit denen ich direkt und konkret zu tun habe. Ich werde auf ihr Wohl bedacht sein - so wie ich auf mein eigenes Wohl bedacht bin, also mich selbst liebe. All dies hängt zusammen. Ich kann es nicht trennen, ohne unglaubwürdig zu werden. Indem Jesus diese Frau im Tempel so lobt, macht er uns darauf aufmerksam und fordert uns heraus.